Freitag, 6. Mai 2016

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Peter Helm

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LiberTango by Astor Piazzolla
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Peter Helm
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Astor Piazzolla

Astor Piazzolla
Astor Pantaleón Piazzolla (* 11. März 1921 in Mar del Plata; † 4. Juli 1992 in Buenos Aires) war ein argentinischer Bandoneon-Spieler und Komponist. Er gilt als Begründer des Tango Nuevo, einer Weiterentwicklung des traditionellen Tango Argentino.

Inhaltsverzeichnis [Verbergen]
1 Leben
2 Werk
3 Werke (Auswahl)
4 Diskografie (Auswahl)
4.1 Eigene Aufnahmen
4.2 Aufnahmen anderer Interpreten
5 Einzelnachweise
6 Quellen
7 Weblinks
Leben[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Astor Piazzolla, das einzige Kind von Vicente „Nonino“ Piazzolla (aus Trani in Italien) und Asunta Mainetti (aus der italienischen Provinz Massa-Carrara), war vier Jahre alt, als seine Familie wegen der schlechten Wirtschaftslage in Argentinien nach New York auswanderte, wo sich sein Vater in Greenwich Village einen Friseursalon einrichtete. Die musikalische Begabung des jungen Astor wurde früh erkannt. Neben Klavier lernte er auch, seinem Vater zuliebe, Bandoneon (der Vater hatte ihm 1929 ein Instrument geschenkt). Über die Tangobegeisterung des Vaters sagte Piazzolla: Mein Vater hörte ständig Tango und dachte wehmütig an Buenos Aires zurück, an seine Familie, seine Freunde – […] immer nur Tango, Tango.[1] Piazzolla selber begeisterte sich für Jazz und die Musik Johann Sebastian Bachs. Auch die Begegnungen des Neunjährigen mit der Tangolegende Carlos Gardel, einem Freund der Familie, änderte diese Prioritäten nicht. (Allerdings spielte Piazzolla in dem in den USA gedrehten Film El día en que me quieras 1935 neben Gardel eine kleine Rolle als Zeitungsjunge.)

1937 kehrte die Familie nach Buenos Aires zurück, wo eine Aufführung des Tango-Ensembles von Elvino Vardaro zu einem Schlüsselerlebnis für Piazzolla wurde: Hier erlebte er erstmals eine neuartige Tango-Interpretation, die ihn begeisterte. Er übte nun vermehrt und perfektionierte sein Bandoneonspiel.

1939 wurde er Mitglied des Orchesters von Aníbal Troilo, für das er auch Stücke arrangierte. Eine Begegnung mit dem von ihm sehr geschätzten Pianisten Artur Rubinstein bestärkte Piazzolla im Wunsch, einen akademischen Weg zu gehen. Ab 1940 nahm Piazzolla daher Kompositionsunterricht bei dem nur wenig älteren Alberto Ginastera, der bereits kurz nach Abschluss des Konservatoriums als musikalischer Hoffnungsträger der Nation galt und mit seinen ersten Ballett- und Instrumentalwerken für Aufsehen sorgte.

1944 verließ Piazzolla das Orchester von Troilo und arbeitete zunächst zwei Jahre lang als Solist und Arrangeur im Orchester von Francisco Fiorentino.

1946 gründete er sein erstes eigenes Orquesta Típica, das bis 1948 Bestand hatte. In dieser Zeit veröffentlichte er unter seinem Namen die ersten Schallplatten. 1949 löst sich dieses Ensemble wieder auf.

In der ersten Hälfte der 50er Jahre komponierte Piazzolla einige Orchester- und Kammermusikwerke, es entstanden die Rapsodía porteña (1952), die preisgekrönte Sinfonie Buenos Aires (1953) und die Sinfonietta (1954), für die er mit dem nationalen Kritikerpreis geehrt wurde. Von seinen frühen Tangos aus den 40er Jahren hingegen distanzierte er sich in der Öffentlichkeit, da er als Komponist ernst genommen werden wollte, was ihm mit Tango zu jener Zeit unmöglich schien. Zwar feierte in Europa, von Paris ausgehend, eine harmlos-tanzbare Tango-Variante Triumphe, doch in Argentinien hatte der Tango sehr lange einen schlechten Ruf, vor allem bei der Oberschicht.

1954 erhielt Piazzolla im Zusammenhang mit dem Preis für seine Sinfonietta ein Stipendium für Europa und ging nach Paris, um bei Nadia Boulanger Komposition zu studieren. Beim ersten Vorspielen verschwieg er, dass er Tangos gespielt und komponiert hatte. Piazzolla erklärte seine Gründe so: In Wahrheit schämte ich mich, ihr zu sagen, dass ich Tangomusiker war, dass ich in Bordellen und Kabaretts von Buenos Aires gearbeitet hatte. Tangomusiker war ein schmutziges Wort im Argentinien meiner Jugend. Es war die Unterwelt.[1] Boulanger entdeckte beim Durchsehen von Piazzollas Partituren Einflüsse von Ravel, Strawinsky, Bartók und Hindemith, vermisste jedoch eine individuelle Handschrift und bat Piazzolla, einen Tango auf dem Klavier zu spielen. Hinterher sagte sie Piazzolla deutlich die Meinung: Du Idiot! Merkst Du nicht, dass dies der echte Piazzolla ist, nicht jener andere? Du kannst die gesamte andere Musik fortschmeißen![1] Piazzolla nahm den Rat an, zusätzlich belegte er Dirigierkurse bei Hermann Scherchen.

1955 kehrte Piazzolla nach Argentinien zurück. Er gründete das Octeto Buenos Aires: zwei Bandoneons, zwei Violinen, ein Bass, Cello, Klavier und eine elektrische Gitarre. Mit diesem Ensemble begann die Neuinterpretation des Tangos: Der Tango Nuevo.

1960 gründete er ein weiteres Ensemble, ein Quintett aus Violine, Gitarre, Klavier, Bass und Bandoneon. Anfänglich stießen seine Werke auf Kritik und Ablehnung, da sie sich vom ursprünglichen Tango stark unterschieden. Die Anfeindungen gingen so weit, dass Piazzolla und seine Familie sich in Buenos Aires mitunter kaum auf die Straße wagen konnten. Doch er arbeitete weiter und komponierte, konzertierte und erstellte Arrangements seiner Werke für unterschiedliche Besetzungen mit enormer Produktivität.

Im Laufe seines Lebens komponierte er über 300 Tangos und Musik für fast 50 Filme und spielte rund 40 Schallplatten ein. Dabei arbeitete er mit Literaten zusammen wie Jorge Luis Borges und Horacio Ferrer, mit der Schauspielerin Jeanne Moreau, mit dem Regisseur Fernando Solanas und initiierte und leitete genreüberschreitende Projekte, unter anderem mit dem Kronos Quartet und mit Jazz-Musikern wie Gary Burton oder Gerry Mulligan. Außerdem schrieb er für Pina Bauschs Tanztheater die Musik zum Ballett Bandoneón.

Während der argentinischen Militärdiktatur (1976–1983) lebte Piazzolla in Italien, kehrte aber immer wieder nach Argentinien zurück. Insbesondere die Zeit von 1978 bis 1988 gilt als Höhepunkt seines Schaffens. In dieser Zeit arbeitete er mit seinem zweiten Quintett, in dem Pablo Ziegler (Klavier), Fernando Suarez Paz (Violine), Horacio Malvicino (Gitarre) und Hector Console (Kontrabass) mitwirkten.

Im August 1990 erlitt er in Paris einen Schlaganfall, der weiteres Komponieren unmöglich machte. Er starb zwei Jahre später in Buenos Aires.

Werk[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Viele von Piazzollas Tangos sind nicht mehr im traditionellen Sinne tanzbar, sondern in erster Linie Musik zum Zuhören. Die Harmonie des Tango weitete er mit Mitteln des Jazz aus sowie nach den Vorbildern Igor Strawinsky und Béla Bartók. Piazzolla hat die Spieltechnik der Instrumente im Tango durch Anleihen aus der Neuen Musik ausgeweitet: „Bogenschläge auf der Violine, stechende Streicherakzente in hoher Lage, Glissandi des gesamten Ensembles, virtuose Bandoneonläufe und eine Anreicherung der Besetzung durch eine Vielzahl von Perkussionsinstrumenten bestimmen seine Musik.“[1]

Trotz aller Neuerungen bleibt das Wesentliche des Tango erhalten, zum einen durch den spezifischen Klang des Bandoneons, zum anderen durch die typischen synkopischen Rhythmen, die typischen harmonischen Wendungen des Tango, Staccati und die generell melancholische Stimmung der Musik. „Piazzolla seziert die charakteristischen Elemente des Tango und stellt sie in einem neuen Licht dar. Hier betont das akkordische Spiel des Ensembles obsessiv den Rhythmus, dort dominiert eine elegische Solopassage. Jähe Zäsuren sowie deutliche Brüche stehen anstelle der Rubati des traditionellen Tangos und betonen deutlicher als diese den corte, das charakteristische Innehalten des Paares zwischen den Schrittfolgen.“[1]

Die Essenz des Tangos erhält Piazzolla, verbindet sie aber mit der akademischen und bildungsbürgerlichen Tradition der klassischen Musik. Neben der eher traditionellen kleinen Form des Tangostücks verbindet er Tango mit den großen Formen der Musikgeschichte: Beispiele dafür sind das Musikalische Drama mit Ballett Los amantes de Buenos Aires (1969) auf ein Libretto des Tango-Dichters Horacio Ferrer (* 1933), das Oratorium El Pueblo Joven (1970) und das dreisätzige Konzert für Bandoneon, Streicher und Schlagzeug (1979).

Häufig verwendet Piazzolla die Form der barocken Suite, so etwa für das Stück Histoire du Tango - hier gibt er den vier Sätzen programmatische Titel: Bordel 1900, Café 1930, Night Club 1960, Concert d’aujourd’hui. Im Konzert Las Cuatro Estaciones porteñas greift er direkt auf das Vorbild der Konzerte Die vier Jahreszeiten (Le quattro stagioni) von Antonio Vivaldi zurück. Es ist nur konsequent, dass auch die Form der Oper von Piazzolla mit Tango verbunden wird, in der „Tango-Operita“ María de Buenos Aires, in der er kompositorische Formen wie Fuge und Toccata verwendet und das Agnus Dei zum Tangus Dei verfremdet. Piazzolla hat den Tango jedoch nicht nur mit der akademischen Tradition, sondern auch mit der Unterhaltungsmusik und Popkultur verbunden. Seit den frühen 1970er Jahren arbeitete er oft mit Jazzmusikern zusammen und verwendete moderne Instrumente wie E-Gitarre und E-Piano in seinen Kompositionen.

Werke (Auswahl)[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Eine künstlerische Bearbeitung: Hetty Krist, Astor Piazolla (Farblithographie)
1943: Suite para cuerdas y arpas
1946: El desbande
1952: Rapsodía porteña
1953: Buenos Aires
1954: Sinfonietta
1959: Adiós Nonino
1963: Tres tangos sinfonicos
1969: Balada para un loco
1969: María de Buenos Aires
1970: El pueblo joven
1972: Oblivion
1973: Libertango
1975: Suite Troileana
1976: 500 motivaciones
1979: Concierto para bandoneón
1982: Le grand tango
1986: El exilio de Gardel
Diskografie (Auswahl)[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Komplette Diskografie spanisch
Eigene Aufnahmen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
1974: Libertango. (Polydor/Tropical Music 68.904)
1974: Summit mit Gerry Mulligan (Tropical Music 68.842)
1975: Lumiere. (Tropical Music 68.942)

Astor Piazzolla und Gerry Mulligan (1974)
Fotografie von Pino Presti.
1977: Persecuta. (Tropical Music 68.943)
1979: Biyuya. (Tropical Music 68.943)
1986: Tango: Zero Hour. (American Clavé/Intuition 1013)
1987: The Rough Dancer and the Cyclical Night (Tango apasionado). (American Clavé/Intuition 1019 2)
1989: La Camorra. (American Clavé/Intuition 1021 2)
1992: Luna. (Hemisphere/EMI 7 243 8 35595 2 7)
1996: 57 minutos con la realidad. (American Clavé/Intuition 30792)
Aufnahmen anderer Interpreten[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
1989: Mario Raskin und Oscar Milani: Tangos für 2 Cembali, Vol. 1 (Disques Pierre Verany PV 789102)
1996: Roberto Aussel u.a.: Las Músicas de Astor Piazzolla – The Spirit of Buenos Aires (Mandala 4903)
1996: Gidon Kremer u.a.: Hommage à Piazzolla (Nonesuch/East West 7559-79407-2)
1996: Daniel Barenboim u.a.: Mi Buenos Aires querido (Teldec/Warner B000000S97)
1996: Di Meola Plays Piazzolla (Mesa/Bluemoon B000002JXC)
1997: Gidon Kremer und The Astor Quartett: El Tango. (Nonesuch/East West 7559-79462-2)
1997: Yo-Yo Ma: Soul of the Tango (Sony SK 63122)
1998: Gidon Kremer, Kremerata Baltica u.a.: María de Buenos Aires (Teldec/East West 3984-20632-2)
2000: Mario Raskin und Oscar Milani: Tangos für 2 Cembali, Vol. 2 (Disques Pierre Verany PV 703032)
2001: Feidman Plays Piazzolla (Wsm/Warner B00007BKL7)
2004: Richard Galliano, Usa: Piazzolla Forever
2008: Jan Vogler, Moritzburg Festival Ensemble: Tango ! (Sony/BMG B001AMCF3M)
2008: E. und J. Kutrowatz, Klavier, A. Mühldorfer, Percussion, "Tango Nuevo" (Organum, Ogm 281034)
Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
↑ Hochspringen nach: a b c d e Porträt bei Matices
Quellen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Maria S. Azzi: A Grand Tango. The Life and Music of Astor Piazzolla. University Press, Oxford, 2000, ISBN 0-19-512777-3.
Natalio Gorin: Astor Piazzolla. Metro-Verlag, Berlin 2001, ISBN 3-928282-09-3.
Mike Dibb: Astor Piazzolla in Portrait. Opus Production, Paris 2005 (1 DVD mit Begleitheft)
Christina und Martin Höfferer: "Der Schlangenbeschwörer. Astor Piazzolla" ORF Radiodokumentation 2013 (55 Minuten).
Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Commons: Astor Piazzolla – Album mit Bildern, Videos und Audiodateien
Tonträger von Astor Piazzolla im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
Literatur über Astor Piazzolla in der Bibliographie des Musikschrifttums
Astor Piazzolla – Der Schöpfer des Tango nuevo Piazzolla-Seite bei Matices
Piazzolla-Seite bei Milva
Piazzolla.org (englisch)
Eintrag bei Todo Tango (englisch)
Astor Piazzolla bei Discogs
Normdaten (Person): GND: 119262444 | LCCN: n85079728 | NDL: 00650210 | VIAF: 103647944 | Wikipedia-Personensuche
Kategorien: Argentinischer KomponistBandoneon-SpielerKomponist (Third Stream)FilmkomponistTangoMusiker (Argentinien)César-PreisträgerArgentinierGeboren 1921Gestorben 1992Mann
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Bandoneon

Bandoneon
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Bandoneon Cardenal (hergestellt von ELA für Hohner, vor 1939)
Das Musikinstrument Bandoneon, ursprünglich Bandonion, ist ein von Heinrich Band konstruiertes Handzuginstrument, das aus der Konzertina entwickelt worden ist.

Inhaltsverzeichnis [Verbergen]
1 Aufbau
2 Tastatursysteme und Tonumfang
3 Geschichte
3.1 Erfinder
3.2 Namensgebung
3.3 Weitere Entwicklung
4 Bandoneon-Spiel
5 Bandoneon und Tango
6 Hersteller
7 Bekannte Solisten
8 Rezeption
9 Media
10 Literatur
11 Weblinks
12 Einzelnachweise
Aufbau[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Knöpfe und Mechanik

Stimmstöcke mit Zungen
Das Gehäuse des Bandoneons hat einen quadratischen Querschnitt. Zwischen zwei Stirnstücken ist ein Balg aus Holzrahmen (Erlen- oder Ahornholz) und Ziegenleder montiert. Durch Aufziehen und Zusammendrücken des Balges entsteht in seinem Inneren ein Unter- oder Überdruck. Über mit den Fingern zu drückende Knöpfe an den beiden Stirnseiten können für einzelne Töne Ventile geöffnet werden. Die dann durchströmende Luft bringt auf sogenannten Stimmstöcken angeordnete Metallzungen verschiedener Tonhöhen zum Schwingen.

Die Oktavverdopplung, d. h. pro Ton schwingen zumeist zwei Zungen (zweichörig), sorgt für klangvolle, sanfte aber auch scharfe, brillante Töne. Weitere Besonderheiten, wie das Klappern der Knöpfe sowie Luftgeräusche beim Spielen, bestimmen die unverwechselbare Klangfarbe gegenüber anderen Harmonikainstrumenten. Im Unterschied zum Akkordeon besitzt das Bandoneon keine mechanisch voreingestellten Akkorde, sondern wie das Klavier nur Einzeltöne.

Tastatursysteme und Tonumfang[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Beim wechseltönigen Bandonion sind die meisten Tasten wechseltönig. Wechseltönige Tasten erzeugen bei Druck und Zug des Balges einen unterschiedlichen Ton. Beim gleichtönigen Bandonion erklingt dagegen der gleiche Ton bei Druck- und Zugspiel, somit entspricht die Anzahl verschiedener Töne auf einer Seite des Instrumentes ungefähr der Anzahl der Tasten dieser Seite. Insgesamt kann über fast fünf Oktaven gespielt werden.

Die bekanntesten noch gespielten und hergestellten Bandoneontypen sind:

Wechseltönig, wird mit vier Fingern gespielt.

Rheinische / Argentinische Lage, Tonumfang 142 oder 152, nicht durchgängig chromatisch (es fehlen einige Töne). Die Anordnung der Tasten ist nicht bei allen Herstellern gleich.
Einheits-Bandoneon, Tonumfang 144. Tonbereich rechts: g bis a3, links: B bis b1. Die Fingersätze sind einfacher als bei der Rheinischen Lage.
Gleichtönig, wird mit vier Fingern gespielt.

Kusserow-Bandonion
Manouri System (teilweise C-Griff), Tonumfang 148, 34 Tasten, Tonbereich C bis a1 (34 Töne).
Peguri System (teilweise C-Griff), Tonumfang 146, 33 Tasten, Tonbereich Fis bis cis2 (32 Töne).
Traditioneller C oder B-Griff: Tonumfang 154, 37 Tasten, Tonbereich B bis b1 (37 Töne).
Hybrid-Bandoneon (C oder B-Griff) entsprechend dem Knopfakkordeon auch mit fünf Fingern spielbar. Die Anzahl der Tasten geht von 2 x 37 bis 2 x 39.
Diese Reihe von Fotos zeigt die inneren Bausteine eines modernen Bandoneons:


Mechanik


In- und Exterior eines Seitenteils


Balg, Lateralsicht


Balg, Frontalsicht


Balg, auseinandergezogen
Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Bandoneon von F.Lange vorm. C.F.Uhlig

Kofferetikett F.Lange vorm. C.F.Uhlig
Erfinder[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Die Bauform des Bandonions ist als erstes bei dem Instrumentenbauer Carl Friedrich Uhlig (* 23. April 1789 in Chemnitz; † 9. Juli 1874 in Chemnitz) belegt. Dieser begann um 1834 20-tönige, später 40-tönige und noch größere Konzertinas herzustellen. Das Tastatursystem des Bandonions ist eine Erweiterung bzw. Abwandlung des Systems von Uhlig, durch den Krefelder Musiklehrer Heinrich Band. Es wird vermutet, dass Band bereits 1840 bei Uhlig in Chemnitz die 54-tönige Concertina erlernt hatte und sie für sein Krefelder Stadtorchester benutzte. Nachgewiesen ist, dass Band zunächst in Böhmen Konzertinas aufkaufte, an denen er als erster maßgebliche Veränderungen vornahm, weil er den geringen Tonumfang (54 Töne) der damaligen Konzertinas unzureichend fand. Band fertigte zuerst 64-tönige, später 88-tönige Instrumente, die rechts 23 und links 21 Tasten besaßen. Der Tonumfang reichte auf der Melodieseite von c bis e3, auf der Bassseite von D bis d′. Band verkaufte seine Instrumente ausschließlich in seinem Krefelder Musikaliengeschäft, das er von seinem Vater übernommen hatte. Mit den Erfahrungen seiner musikalischen Praxis im Krefelder Stadtorchester entwickelte er 1846 ein 100-töniges Instrument (vgl. Enkel Alfred Band, 1926).

Namensgebung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Band nannte seine neuen Instrumente „Bandonion“. Wahrscheinlich orientierte er sich bei der Namensfindung am kommerziellen Erfolg des 1829 in Wien entwickelten Accordions. Das Accordion (damalige Schreibweise) wurde zu einer weitverbreiteten Instrumentenbezeichnung. Den auf C. F. Uhlig in Chemnitz zurückgehenden neuen Harmonika-Typ von 1834 nannte man anfangs „Accordion neuer Art“ oder einfach „Harmonika“. Vermutlich 1851, mit der Weltausstellung in London, wandte Carl Friedrich Zimmermann aus Carlsfeld im Erzgebirge erstmals den englischen Begriff Concertina auf das deutsche Instrument an. Weil es sich von dem englischen Instrument unterschied, nannte man es später etwas korrekter „deutsche Concertina“ bzw. „Konzertina“.

Das von Band entwickelte Bandonion war eine Variante der seit zwanzig Jahren existierenden deutschen Concertina. Bei der Suche nach einem eigenen, unverwechselbaren Namen kombinierte Band seinen Namen mit der vom Accordion bekannte Endung -ion. Vermutlich aus Gründen des Wohlklangs fügte er noch eine Silbe ein, und es entstand das „Bandonion“.

Wann und warum die Schreibweise von Bandonion in Bandoneon geändert wurde, ist unklar.

Weitere Entwicklung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Das Bandoneon wurde sehr schnell über die Stadtgrenzen Krefelds hinaus in ganz Deutschland bekannt und geschätzt. Band verbesserte den Tonumfang von 106 auf 112, dann auf 128 und zuletzt auf 130 Töne. 1924 wurde vom Deutschen Konzertina- und Bandoneon-Bund ein sogenanntes „Einheitsbandoneon“ mit 72 Tasten und 144 Tönen festgelegt. Davon sind die meisten Tasten wechseltönig.

Aus dem Bandoneon wurde ca. 1890 ein anderes Handzuginstrument, die Symphonetta entwickelt.[1]

Bandoneon-Spiel[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Zum Konzept des in seiner Größe praktischen, „einfachen“ und finanziell erschwinglichen Instrumentes gehörte auch die Entwicklung der Griffschrift (eine Art Tabulatur), um das Erlernen des Bandoneons zu vereinfachen. Dadurch konnten Bandoneonspieler das Instrument auch ohne Notenkenntnisse spielen. Allerdings müssen so musikalische Werke auf dieses sogenannte Waschleinensystem mit Zahlen und Notenwertangaben umgeschrieben werden.

Bandoneon kann in Europa in Paris und Rotterdam studiert werden.

Das Bandoneon wird heutzutage nicht mehr umgehängt, sondern auf den Knien gehalten.

Um 1900 entstanden in Deutschland innerhalb der Arbeiterbewegung viele Bandoneonvereine (1939 gab es ca. 686 Vereine), die sich dem Zusammenspiel zumeist einfacher Volksmusik verschrieben hatten. Noch in den 1930er Jahren gehörte das Bandoneon zum Grundinstrumentarium der Tanz- und Unterhaltungskapellen. Nach 1950 gab es sehr viele Bandoneonvereine, in denen hauptsächlich im vierstimmigen Satz zusammen gespielt wurde.

In Europa und Deutschland wurde das Bandoneon allmählich durch das einfacher spielbare Akkordeon verdrängt, u. a. auch, weil es dasselbe Hörgefühl erzeugte wie der hier bevorzugte Bandoneontyp mit schwingendem, vollen Ton, und die mehrheitlich wechseltönigen Instrumente nach Noten (also ohne Griffschrift) nur schwer erlernbar sind.

Bandoneon und Tango[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Die größte Popularität des Instrumentes steht in unmittelbarem Zusammenhang mit dem Tango. Bereits im frühen 20. Jahrhundert war das Instrument ein prägender Bestandteil eines Orquesta Típica. Auch in späteren musikalischen Entwicklungen wie dem Tango Nuevo und auch dem Electrotango blieb der prägende Einfluss des Bandoneons erhalten. In vielen Tangos besungen, stiftet das Bandoneon mit dem Tango bis heute eine Identität und wird in Südamerika liebevoll auch als beste deutsche Erfindung gepriesen. Die Bandoneonisten in den dortigen Barrios haben die Bandoneon-Spieltechnik und Stilistik seit vielen Generationen vorzüglich gepflegt und weiterentwickelt. Es wird nach Noten gespielt und gelehrt.

Nach Argentinien und Uruguay gelangte das Bandoneon vermutlich zunächst über die USA. Der deutsche Einwanderer Wilhelm Seyffardt ließ sich 1855 von seinem Bruder in Krefeld ein „Accordion“ nach Amerika schicken, dies war auf jeden Fall ein „Bandonion“. Seeleute und vor allem um 1900 die vielen europäischen Einwanderer gaben dem Instrument in den Hafenkneipen und Bordellen von Buenos Aires und Montevideo ein neues Zuhause.

Die Südamerikaner bevorzugten einen bestimmten Instrumententyp: 142-tönig (die „Rheinische Lage“), im Ton scharf bis sanft, schwermütig und mysteriös zugleich. Bautechnische „Mängel“ wie das Klappern der Tasten und Luftgeräusche wurden positiv angesehen und organisch ins Spiel des Instrumentes integriert.

Aus Argentinien ist das Bandoneon dann mit der neuen Spielweise und dem Tango zurück nach Europa gekommen.

Hersteller[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Die Artikel Alfred Arnold (Unternehmen) und Bandoneon#Hersteller überschneiden sich thematisch. Hilf mit, die Artikel besser voneinander abzugrenzen oder zusammenzuführen (→ Anleitung). Beteilige dich dazu an der betreffenden Redundanzdiskussion. Bitte entferne diesen Baustein erst nach vollständiger Abarbeitung der Redundanz und vergiss nicht, den betreffenden Eintrag auf der Redundanzdiskussionsseite mit {{Erledigt|1=~~~~}} zu markieren. Mirkur (Diskussion) 09:15, 4. Mai 2015 (CEST)
Am berühmtesten sind die Instrumente aus der nicht mehr existierenden Fabrik von Alfred Arnold in Carlsfeld (Eibenstock), einem kleinen Ort im Erzgebirge. Von dort wurden bis ca. 1945 ungefähr 30.000 Bandoneons nach Argentinien und Uruguay exportiert. Mit dem Ende der Bandoneonproduktion um 1948 (durch Enteignung der Firma) verschwanden allerdings die Unterlagen für den dortigen Bandoneonbau. Arno Arnold, ein Neffe des Gründers Alfred Arnold, produzierte in der Rhein-Main-Gegend noch einige Jahre lang Bandoneons, die aber nicht mehr die Qualität der AA-Instrumente erreichten. Bei diesen Instrumenten aus den 50er Jahren waren die Stimmplatten meist aus Aluminium statt Zink. Weltweite Forschungen und Bauversuche erreichen bis heute nicht den unvergleichlichen Ton der alten Instrumente.[2]

Heute gibt es nur noch eine Handvoll Bandoneonbauer, die meist individuell nach Bestellung bauen. Allerdings kann man sehr komplette Sammlungen in Deutschland besuchen, wie beispielsweise das Bandoneon-Museum der Familie Preuss in Lichtenberg und die Sammlung der Familie Steinhart aus Kirchzarten/Freiburg, die sich seit Juli 2014 im Tango- und Bandoneonmuseum in Staufen im Breisgau befindet.

Bekannte Solisten[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Enrique Telleria 2009
Henrik Albrecht, Deutscher Komponist und Bandoneonspieler
Ernesto Baffa, Solist, Komponist und Arrangeur, Tango-Literatur
Alejandro Barletta, Solist, Komponist und Arrangeur, Klassische Musik
Daniel Binelli, Solist, Komponist und Arrangeur, Tango-Literatur
Roberto Di Filippo, Solist und Komponist, Tango-Literatur
Michael Dolak, Solist und Arrangeur, Tango-Literatur
Karin Eckstein, Solistin, Tango Argentino und Crossover
Leopoldo Federico, Solist, Komponist und Arrangeur, Tango-Literatur
Norbert Gabla, Komponist und Hybrid-Bandoneon
Raúl Garello, Solist, Komponist und Arrangeur, Tango-Literatur
Per Arne Glorvigen, norwegischer Bandoneonsolist, der in Paris lebt
Klaus Gutjahr, Bandoneonsolist und Hersteller
Bettina Hartl, Bandoneonsolistin und Komponistin
Lothar Hensel, Solist, vor allem Tango; Komponist
Jürgen Karthe, Solist in div. Tangogruppen, Tango-Literatur
Pedro Laurenz, Solist, Komponist und Arrangeur, Tango-Literatur
Pedro Maffia, Solist, Komponist und Arrangeur, Tango-Literatur
Néstor Marconi, Solist, Komponist und Arrangeur, Tango-Literatur
Alfredo Marcucci, Solist, Tango & Folklore
Rodolfo Mederos, Solist, Komponist und Arrangeur, Tango-Literatur
Hans Joachim Ment, Solist, Komponist und Arrangeur
Gabriel Merlino, Solist und Bandoneonlehrer
Alexander Mitenev, Solist und Arrangeur
Juan José Mosalini, Solist, Komponist und Arrangeur, Tango & Jazz
Ciriaco Ortiz, Solist, Komponist und Arrangeur, Tango-Literatur
Klaus Paier, Solist, Komponist, Jazz, Tango
Ástor Piazzolla, Solist, Komponist, Arrangeur und Begründer des Tango Nuevo
Osvaldo Piro, Solist, Komponist und Arrangeur, Tango-Literatur
Gustavo Battistessa, argentinischer Bandoneonist, der in der Türkei lebt
Walter Pörschmann, Solist und Komponist
Eduardo Rovira, Solist, Komponist und Arrangeur, Tango-Literatur
Helena Rüegg, Solistin und Komponistin
Tolga Salman, Türkischer Bandoneonsolist, der in Ankara lebt
Dino Saluzzi, Solist und Komponist, Tango, Jazz, World Music und Folklore
Pit Therre, Leiter des Theaters am Marienplatz in Krefeld
Aníbal Troilo, Solist, Komponist und Arrangeur, Tango-Literatur
Michael Zisman, Solist, Komponist und Arrangeur, Tango & Jazz
Rezeption[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Film zum Tanztheater Bandoneón. Pina Bausch en Buenos Aires. Argentinien 1995; 45 Minuten; Regie: Milos Deretich, Gabriela Schmidt, Gabriela Massuh. Produktion: Goethe-Institut Buenos Aires. Musik: Astor Piazzolla.
Media[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Astor Piazzolla: Konzert für Bandoneon. Lothar Hensel, Johannes Goritzki u. Deutsche Kammerakademie Neuss. Capriccio 1996. CD 10565
Tres movimientos tanguísticos porteños. Konzert für Bandoneon. Josep Pons und Orquestra de Cambra Teatre Lliure. Harmonia Mundi France 1996. HMC 901595 (CD)
Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Graf, Hans-Peter: Entwicklung einer Instrumentenfamilie: Der Standardisierungsprozeß des Akkordeons, Verlag Peter Lang 1998, ISBN 3-631-32841-9
Peter Fries: Bandoneon-Schule. Studien und Etüden. Musikpartitur deutsch. Apollo Paul Lincke, Berlin/Mainz 1935, 1950, 1994 (Repr.).
Klaus Gutjahr: Bandoneonspielen leicht gemacht. 2 Bde., Proyecto Bango, Berlin 1998.
Walter Pörschmann: Schule des modernen Bandoneonspiels. 2 Bde., Nr. 1540, 3. Auflage, Spezialverlag Pörschmann & Sohn, Leipzig 1925.
Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Wiktionary: Bandonion – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen
Commons: Bandoneon – Album mit Bildern, Videos und Audiodateien
Proyecto Bandomecum Bandoneon's Portal Page (span.)
Christian’s Bandoneon Page (engl.)
Grafische Darstellung der verschiedenen Tastensysteme auf arosturk.org
Chemnitzer Concertina
Sammlung Oriwohl zur Entwicklungsgeschichte des Bandonions
Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Hochspringen ↑ Maria Dunkel: Bandonion und Konzertina. Ein Beitrag zur Darstellung des Instrumententyps. Berliner musikwissenschaftliche Arbeiten. Bd 30. Katzbichel, München-Salzburg 1987, 1996. ISBN 3-87397-070-8
Hochspringen ↑ Jens Glüsing: Klang des Heimwehs. in: Der Spiegel. Hamburg 2009,2, 131. ISSN 0038-7452
Kategorie: Handzuginstrument
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