Montag, 28. August 2023
WALDLEININGEN Winterbild
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Seit 1899 führte Adolf Hacker in Heidelberg ein Atelier für Firmen-Malerei (Hauptstraße 133), sowie eine Werkstatt zur Anfertigung von Glas-Schildern (Ladenburger Straße 36). Die Geschäfte liefen gut und Hacker beschäftigte zeitweise bis zu sechzig Lehrlinge und Gehilfen. In der zweiten Jahreshälfte von 1909 aber „führten ausbleibende Zahlungen von Auftraggebern zu geschäftlichen Schwierigkeiten, so daß der Handwerksbetrieb liquidiert werden mußte. In den freien Geschäftsräumen eröffnete die Ehefrau Johanna einen Gebrauchtwarenhandel, während sich Adolf Hacker selbst im Herbst 1909 für eine Künstlerausbildung an der Großherzoglichen Akademie der bildenden Künste in Karlsruhe entschloß“ (Benno K.M. Lehmann (2000): Adolf Hacker – Sein Leben und Schaffen, in: Stadt Neckargemünd (Hrsg.): Adolf Hacker (1873-1943) – Ein Künstler des malerischen Realismus; Progressdruck; Speyer; S. 8-18 [hier: S. 10]).
Nachdem Hacker Kurse bei Ernst Schurth, Hans Müller-Dachau und Walter Conz besuchte, wechselte er zum Studienjahr 1910/11 in die Malklasse von Caspar Ritter. „Ritter unterhielt nur kleine Klassen von neun bis maximal fünfzehn Schülern. Eine Situation, die Adolf Hacker wohl besonders schätzte, denn auch sein drittes Ausbildungsjahr 1911/12 setzte er unter dessen Leitung fort. Damit hatte er die Grundausbildung abgeschlossen. Ein Besuch der weiterführenden Meisterklassen ließ sich wegen fehlender finanzieller Mittel nicht mehr realisieren. Schon das letzte Studienjahr war nur mit Hilfe eines Stipendiums der Stadt Heidelberg und der Kunstakademie Karlsruhe ermöglicht worden“ (ebd.; S. 11).
Das vorliegende Gemälde ist auf 1912 datiert und entstand demnach entweder zum Ende seiner Karlsruher Studienzeit oder kurz danach.
So klein die Ansicht auch erscheint, so vielseitig ist das Geschehen, dass Hacker vor dem Betrachter präsentiert. Wir blicken in einen verschneiten Wald, der mit seinen zahlreichen, mächtigen Stämmen jegliche Sicht auf den Himmel verdeckt. Im Vordergrund links steht eine von Vögeln eifrig besuchte Futterkrippe und rechts daneben sehen wir mehrere Rehe, die teilweise essen oder sich auch nach den Menschen im mittleren Bildbereich wenden. Gerade auf die Rehe scheint Hacker einen Fokus gelegt zu haben, zeigt sich doch ein jedes hiervon in einer ganz eigenen, natürlichen und zugleich ausdrucksstarken Haltung. Die drei erkennbaren Personen kommen aus dem Gehöft und scheinen sich den Rehen nähern zu wollen. Vielleicht um neues Futter zu verteilen?
Wunderschöne, detailreiche Komposition aus der Karlsruher Studienzeit des ‚malenden Chronisten Heidelbergs‘
Zu Adolf Hacker (11.05.1873 Schwarzenbach a.d.S. – 14.08.1943 Heidelberg):
Maler, Zeichner; Sohn des Gendarmeriestandortkommandanten Adam Hacker (1833–1911) und dessen Frau Friedrike Margaretha geb. Söllner (1842–1881); Jugendzeit in Hof (Saale); Lehre zum Dekorations- und Zimmermaler in Hof (Saale); 1890 wurde sein Gesellenstück in Nürnberg mit 120 Goldmark prämiert, durch diese Prämie konnte er im Winterhalbjahr 1890-91 die Rosenthal-Kunstschule (München) besuchen; durch Tätigkeiten als Malermodell und Tüncher konnte er sich einen anschließenden Besuch der gewerblichen Fortbildungsschule München leisten; nur kurze Zeit später wurde er der Schule verwiesen, da er mit einem Mitschüler, der zuvor Hackers Zeichnungen zerstörte, raufte und dabei eine Gipsfigur zu Bruch ging; März 1892 wurde er auf seine Bewerbung hin von der Deutschen Marine als Malersgast in Wilhelmshaven angenommen; 1893 nahm er als Obermalersgast der S.M.S. „Stein“ an einer fünfmonatigen Reise nach Norwegen, Schottland, Schweden teil; Januar 1894 Beförderung zum Malersmaat und Entlassung aus dem Dienst; es folgten Wohnorte in Stuttgart, Mannheim, Wilhelmshaven, Nürnberg, Hof, Heidelberg (Januar 1896); 1896-97 Besuch der Kunstgewerbeschule Hannover (Malklasse von Otto Hammel); ab dem Frühjahr 1897 wieder in Heidelberg ansässig; Oktober 1898 Heirat mit Johanna Beckenbach, die einen gutgehenden Gebrauchtmöbelhandel betrieb; 1899 Eröffnung eines Ateliers für Firmen-Malerei (Hauptstraße 133), zudem hatte er eine Werkstatt zur Anfertigung von Glas-Schildern (Ladenburger Straße 36); beide Geschäfte waren erfolgreich und Hacker beschäftigte mitunter bis zu 60 Gesellen und Gehilfen; 1905 erhielt er von der Stadt Heidelberg den Auftrag ein Gemälde einer Ratssitzung zu malen (105x206cm, befindet sich heute im Kurpfälzischen Museum); 1906 organisierte er die erste eigene Ausstellung; Hacker entwickelte sich mehr und mehr zum Heidelberger Stadtchronisten; 1908 musste der Handwerksbetrieb aus wirtschaftlichen Gründen liquidiert werden; 1909-12 Studium an der Kunstakademie Karlsruhe (bei u.a. Ernst Schurth, Hans Müller-Dachau, Caspar Ritter); im Frühjahr 1913 Besuch des Studienateliers von Lovis Corinth (Berlin); durch Corinth erhielt Hacker Portraitaufträge, die seinen Lebensunterhalt sicherten; im Mai 1913 Rückkehr nach Heidelberg und Einrichtung eines eigenen Ateliers; im Winter 1913-14 Besuch der Académie de la Grande Chaumiére, was wohl auch durch Corinth angeregt wurde; Ende 1914 Einberufung als Malersmaat zum Kriegsdienst nach Wilhelmshaven; Hacker organisierte einen eigene Malkurs und eine Ausstellung mit den dort geschaffenen Werken im Wilhelmshavener Kunstverein; 1916 Versetzung als Lehrer an das Marine-Lazarett nach Hamburg-Veddel; in dieser Zeit organisierte Hacker mehrere eigene Ausstellungen deren Erlös er dem Roten Kreuz und dem Moor´schen Blindenverein spendete; nach dem Ersten Weltkrieg Rückkehr nach Heidelberg; fortan insbesondere als malender Stadtchronist tätig, was ihm in Heidelberg zu großer Bekanntheit und Beliebtheit verhalf; 1924 zusammen mit Georg Schmidt Italienreise; 1925 Studienreise nach Cuxhaven, Helgoland und in die Niederlande; 1927 umfangreicher Auftrag der Stadtverwaltung Ziegelhausen, die Gemälde mit innerstädtischen Motiven wollte; in den 1930er Jahren zahlreiche Reisen nach u.a. Lüneburg, Heilbronn, Trier, Bielefeld; März 1933 große Einzelausstellung in Hof (Saale); Mitglied im Künstlerkreis „Form und Farbe“; Hacker schuf v.a. Landschaften, Stadtansichten, Portraits und Stillleben --- LITERATUR: Stadt Neckargemünd (Hrsg.) (2000): Adolf Hacker (1873-1943) – Ein Künstler des malerischen Realismus; Progressdruck; Speyer
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