HERMANN HESSE Diesseits des 'Glasperlenspiels' MARBACHER MAGAZIN 98/2002 Heike Gfrereis ''...magische Zuflucht, in die ich, so oft ich geistig dazu bereit war, für Stunden eingehen konnte, und wohin kein Ton aus der aktuellen Welt drang.''

>> Wenn in zwei Menschengestalten zwei Urprinzipien, wie ewige

Gegenwelten einander verkörpert begegnen, dann ist ihr Schicksal unentrinnbar:

sie müssen einander anziehen, müssen voneinander bezaubert werden,

müssen einander erobern, einander erkennen, einander zum Höchsten steigern,

oder einander vernichten.

So geschieht es jedesmal, 

wenn Männliches und Weibliches, 

wenn Gewissen und Unschuld,

wenn Geist und Natur 

einander in reinen Verkörperungen kennenlernen

und in die Augen sehen.<<

Dieses unveröffentlichte Vorwort zu 

'Narziß und Goldmund'

deutet den Mythos von den in

zwei Hälften gespaltenen Kugelmenschen,

den Aristophanes in Platons 'Gastmahl' erzählt,

in einen literarisch fruchtbaren Mechanismus um.

''...magische Zuflucht, in die ich,

so oft ich geistig dazu bereit war, für

Stunden eingehen konnte, und wohin 

kein Ton aus der aktuellen Welt drang.''

HERMANN HESSE an MARTIN HESSE

3.Dezember 1943